Nach einer unruhigen Nacht werde ich wach. Die ersten zwei Pilger packen zusammen. Tüten knistern. Ich denke, es ist etwa 5 Uhr und versuche noch einmal einzuschlafen. Kurze Zeit später höre ich den Mönch von gestern Abend sagen: „la chica con bicicleta“ (das Mädchen mit dem Fahrrad). Er steht mit einem Pilger in der Tür. Sie überlegen wohl, wer da auf der Matratze liegt. Ich schaue auf den Wecker und stelle fest, dass es bereits 6:57 Uhr ist. Der Wecker hat schon wieder nicht geklingelt. Ich hoffe, er ist nicht kaputt. Dabei sollte ich Jennifer und ihre Kollegen wecken, falls sie den Wecker nicht hören. Nun haben wir alle verschlafen. Jennifer meinte später zu mir, sie habe einen Wecker gehört. Nach der Beschreibung kann es meiner sein. Sind die Ohropags Schuld?

Das Frühstück wird uns nun draußen serviert. Es gibt Kaffee, Kakao, Kekse und Käse. Leider sind zu wenig Tassen, so dass ich nichts trinken kann. Aber ein paar Kekse lasse ich mir schmecken. Anschließend schauen sich Jennifers Kollegen meine Gangschaltung an. Der eine von beiden erklärt mir detailliert, wie ich die Stellschrauben zu bedienen habe und stellt auch etwas daran herum. Scheinbar habe ich auch das Hinterrad am Flughafen in Bilbao nicht ganz gerade eingesetzt. Das verbessere ich sofort.

Frühstück vor der Herberge

Nachdem ich 10 Euro als Spende in den im Zimmer angebrachten Briefkasten geworfen habe, tausche ich mit Jennifer Adressen und Telefonnummern aus. Da ich voraussichtlich am 14.08., einen Tag eher als Jennifer mit ihrer Gruppe, in Santiago sein werde, verspreche ich, sie von dort aus anzurufen. Wir möchten uns dann in Santiago treffen.

Nun fahren wir zu fünft in die Taberna von gestern Abend. Es gibt Kaffee, O-Saft und Brot mit Butter und Marmelade. Dann müssen wir uns auch schon verabschieden. Ich werde ab Pamplona den „Camino Francés“ nach Santiago fahren, die anderen fahren wie gesagt die Nordroute („Camino del Norte“).

Nun bin ich wieder alleine. Seit dem Frühstück in der Taberna regnet es. Ich fahre sehr vorsichtig den Berg, den ich gestern Abend hoch geschoben habe, herunter. Der Regen wird immer stärker. Ich komme nun auf die BI-633, auf die ich links in Richtung Markina-Xemein fahre. Auf dem Standstreifen fährt es sich, trotz recht starkem Verkehr, ganz gut. Nach einer Stunde ist dann alles Nasse von oben heruntergekommen. Die Sonne versucht sich durchzukämpfen. Nach Markina-Xemein wechsle ich dann meine Jacke. In der Regenjacke ist es mir einfach zu warm, und inzwischen auch etwas nass (Kondenswasser). Bei der Gelegenheit werde ich mein Pfefferspray ausprobieren. Sollte es nicht funktionieren, bringt es mir auch nichts. Es funktioniert. Der Wind steht wohl etwas ungünstig. Ich bekomme gleich schlecht Luft. Trotzdem hoffe ich, es nie anwenden zu müssen.

Der Atlantik in Ondarroa

In Ondarroa sehe ich das erste Mal den Atlantik. Ich mache eine kurze Pause, genieße die Aussicht und mache zwei Fotos. An der Küste geht es dann weiter über Mutriku nach Deba. Von dort geht es weiter auf der N-634 nach Zumaia. Ich kaufe mir ein Brötchen und zwei Äpfel und mache Mittagspause am Fluss. Der Kauf einer Telefonkarte gestaltet sich schwierig. Ich werde zu einem Tabakladen verwiesen, den ich aber leider nicht finden kann. Da ich keine Zeit verlieren möchte, fahre ich weiter. In San Sebastián werde ich nach einer Telefonkarte schauen.

Mittagspause in Zumaia

Nach Javiers Empfehlung soll sich in Orio links die Nationalstraße verlassen und eine Art Dorfstraße schlechterer Beschaffenheit, aber dafür sehr ruhig, fahren. Leider kann ich diesen Abzweig nicht finden. So bleibe ich weiter auf der N-634. Diese geht jedoch hinter Lasarte-Oria in eine Autobahn über. Ich halte an und schaue erst einmal auf die Karte. Theoretisch soll es eine kleinere Straße parallel zur Autobahn geben. Nur kann ich den Abzweig nirgends sichten. Auf der Autobahn kann ich aber nicht bleiben, auch wenn es nur noch einige Kilometer sind. Das ist mir dann doch zu gefährlich. Auf eine hohe Strafe kann ich ebenso verzichten. Also nehme ich die einzig mögliche Abfahrt. Diese führt mich in Richtung Hernani. Zuvor gelange ich auf einen Kreisverkehr. San Sebastián ist jedoch nicht ausgeschildert. Dabei muss ich ganz in der Nähe sein. Ich frage also nach dem Weg nach San Sebastián und werde einen Berg hinauf geschickt. Schieben ist angesagt. Die Bauarbeiter pfeifen mir zu. Die sollen arbeiten und nicht zuschauen, wie ich mein Rad einen Berg hinaufschiebe, denke ich beiläufig. Nach etwa 1 km bin ich oben und pausiere an der Tankstelle, auf die mich ein Hinweisschild bereits aufmerksam machte. Es gibt erst einmal eine Cola zur Stärkung.

Nun ist es nicht mehr weit bis San Sebastián. Ich sehe schon eine große Stadt vor mir. Nun bin ich in der Stadt, im Zentrum jedoch noch lange nicht. Ich fahre noch eine Weile neben den Autos (einen Standstreifen gibt es nicht mehr), passiere viele Ampeln. Endlich bin ich im Zentrum und frage mich zur Touristeninformation durch. Dort erhalte ich einen Stadtplan, indem mir die Fahrradroute zur Jugendherberge „La Sirena“ eingezeichnet wird. Eine zweite Herberge ist „Ulia Mendi“. Diese gehört jedoch zu „La Sirena“, so dass man sich generell in „La Sirena“ melden muss. Ich fahre Richtung Norden am Río Urumea auf einem Radweg. Nach einem Abzweig links durch die Innenstadt erreiche ich die Strandpromenade von San Sebastián. Hier gefällt es mir. Am liebsten würde ich mich eine Weile an den Strand setzen. Jedoch muss ich erst eine Unterkunft für diese Nacht finden.

Río Urumea in San Sebastián

Gegen 18 Uhr erreiche ich die Herberge. Endlich! Ich hatte gehofft, eher anzukommen, um noch eine Fahrradwerkstadt aufsuchen zu können. Meine Schaltung funktioniert nach der Einstellung in Colegiata leider nicht besser. An der Rezeption wird mir dann mitgeteilt, dass beide Herbergen voll sind. Und nun? Ich frage, ob ich eine Liste sämtlicher Pensionen erhalten kann. Ich bekomme eine Liste. Auch werde ich auf eine Pension auf der anderen Straßenseite hingewiesen. Diese soll 26 Euro die Nacht kosten. Das Gebäude sieht nicht sehr einladend aus und der Preis ist mir auch zu hoch. Wahrscheinlich, weil der Strand ganz nahe ist.

Ich fahre also durch die Stadt und hoffe, einen Hinweis auf ein freies Zimmer zu finden. An einem Restaurant frage ich die Bedienung nach einer Pension in der Nähe. Die Dame kennt jedoch nur das Hotel, welches eine Straße weiter befindet. Ein Hotel kommt für mich aber nicht in Frage. Ich fahre also weiter. Nun fängt es auch noch zu regnen an. Nach einer Rundfahrt bei Regen entscheide ich mich doch für die einfache, aber teure Pension. Da hätte ich mir die Stunde Stadtfahrt auch sparen können...

In der Pension erhalte ich ein Bett in einem 4-Bett-Zimmer, welches auch das einzige Zimmer in der Pension ist. Mein Fahrrad kann ich, nach Telefonat mit der Jugendherberge gegenüber, in dessen Fahrradkeller einschließen. Als ich für die Übernachtung bezahlen möchte, wird mir ein Preis von 17 Euro genannt. Da habe ich entweder zuvor falsch verstanden oder die Dame an der Rezeption der Herberge hat sich geirrt. Aber ich bin natürlich froh, nicht 26 Euro bezahlen zu müssen.

Auf meinem Zimmer treffe ich einen jungen Italiener. Wir gehen zusammen in Richtung Strand. Ich möchte telefonieren und er das Nachtleben genießen. Der Regen hat inzwischen aufgehört. Nachdem ich zu Hause niemanden telefonisch erreichen konnte, suche ich ein günstiges Restaurant. Der Pensionsinhaber hatte mir zuvor eines empfohlen. Dieses finde ich nun auch, jedoch wird erst 20:30 Uhr geöffnet. Ich habe keine Lust, 20 Minuten zu warten und kaufe mir etwas im Lebensmittelladen. Am Strand setze ich mich auf die Mauer, genieße die Aussicht und esse Abendbrot. Gegen 22 Uhr liege ich heute bereits im Bett. Morgen will ich ausgeruht sein, denn es geht nach Pamplona. Es wird eine Etappe über 100 km sein, und dass im Baskenland, wo es kaum ebene Abschnitte gibt.

In der Nacht regnet es scheinbar ununterbrochen.

Uferpromenade

Am Strand