Nach fast 10 Stunden Schlaf klingelt um 7:15 Uhr mein Wecker. Ich bin noch ganz schlaftrunken und möchte am liebsten den ganzen Tag im Bett bleiben. Aber das ist ja nichts Neues. Ich schaffe es schließlich doch aus dem Bett. Auch das ist nichts Neues.

Nachdem ich bezahlt habe, belade ich auf der Straße mein Fahrrad. Ein Mann wartet an seinem Auto auf jemanden und schaut mir neugierig zu. Kurz nach 8 Uhr bin ich auf der Suche nach einem Café. Im ersten geöffneten Café gibt es keine Tostadas. Angeblich sind die in der Gegend auch nicht zu bekommen. Da sollte ich schon ins Zentrum fahren, welches auf der anderen Seite der Schnellstraße liegt. In die Richtung muss ich sowieso. Ich finde auch bald ein Café, in dem ich neben dem morgendlichen Kaffee auch Toasts bekomme. In diesem Café treffe ich einen Deutschen, der auf dem Weg nach Amerika ist. Wir unterhalten uns nur kurz, da sein Kumpel gerade kommt und er sich lieber mit ihm unterhalten möchte. Na gut. Er hat mir Neuseeland zum Radfahren empfohlen. Auf die Frage, ob es denn dort bergig ist, antwortete er mir: Wie man es möchte. Da weiß ich ja nun Bescheid.

Um 9 Uhr komme ich endlich los. Eigentlich wollte ich um diese Zeit schon weiter sein. Die autobahnähnliche Straße führt mich aus der Stadt heraus. In größeren Städten Spaniens führt die Hauptstraße immer „in alle Richtungen“. Man muss dann schauen, wo seine Richtung abzweigt. Ich hoffe, meine Ausfahrt kommt bald. Meine Richtung, nämlich Ferrol, ist natürlich die letzte Möglichkeit, die man aus der Stadt hinaus fahren kann. In sämtliche andere Richtungen hätte man bereits abbiegen müssen. Da meine Spur immer die linke ist, gestaltet sich der Spurwechsel stets schwierig. Man muss ganz schön aufpassen. Zu guter Letzt muss ich auch noch aufpassen, dass ich nicht auf der Autobahn lande. Die Straße, auf der ich fahre, geht nämlich plötzlich in eine Autobahn über. Nachdem ich rechts abbiege, finde ich schließlich die Straße nach Ferrol.

Heute ist es recht mild. Es scheint ein schöner Tag zu werden. Wie die Tage zuvor, geht es immer wieder auf und ab. Langsam habe ich es satt. Ich will nicht mehr. Was tue ich hier eigentlich?

Vor Bretanzas biege ich auf die AC-164 ab. Es ist der kürzeste Weg von hier nach Ferrol. Ich habe auch Glück mit dieser Abkürzung. Die Straße ist sehr glatt und somit gut zu fahren. Es macht mir wieder Spaß. Schönes Wetter, schöne Dörfer... Anschließend geht es auf der N-651 weiter in Richtung Ferrol. Die Straße ist nicht stark befahren. Wahrscheinlich, weil sich die Autobahn A9 um  diese schlängelt. Ich fahre stupide auf dem Standstreifen. Das Meer ist von hier leider nicht zu sehen. In einem kleinen Ort 9 km vor Pontedeume muss ich halten und etwas essen. Eigentlich habe ich gehofft, bis Pontedeume durchzuhalten. Ich suche alles Essbare zusammen. Dazu gehören etwa eine halbe Packung Kekse und ein Apfel. Auf der Bordsteinkante mache ich es mir gemütlich. Dabei werde ich von den vorbeifahrenden Autofahrern seltsam angesehen. Die haben wahrscheinlich noch nie einen hungrigen Radfahrer gesehen.

Gestärkt geht es nun weiter. Heute tue ich mich aber wirklich schwer. Richtig fit sind die Beine heute nicht. In Pontedeume ist großes Markttreiben. Es scheint sich die ganze Stadt auf dem Markt zu versammeln. Um Obst und Brot kaufen zu können, bahne ich mir einen Weg durch das Getümmel.  Dabei passe ich sehr auf, niemanden mit meinem breitem Gefährt anzurempeln. In einem Park mache ich schließlich eine Obstpause. Wenn man schon so frisches Obst erworben hat... Nun geht es weiter. Es ist inzwischen sehr warm geworden. Die Sonne brennt auf meiner Haut, welche ich vor der Obstpause mit Sonnenmilch versorgt habe. Bei Abfahrten genieße ich den frischen Wind. Ich fahre nicht über den Ría de Ferrol in die gleichnamige Stadt, sondern nehme die Landstraße nach Neda. Dort gibt es ein leckeres Bocadillo Tortilla sowie frisch gepressten O-Saft. Nach kurzem Aufenthalt geht es sichtlich gestärkt weiter. Nach kurzer Weiterfahrt erreiche ich den Abzweig nach Ortigueira. Vor Schreck stelle ich fest, es sind bis zu dieser Stadt noch 51 km. Es ist bereits 13 Uhr und eigentlich wollte ich heute bis nach Viveiro fahren, welches noch 20 – 30 km hinter Ortigueira liegt. Von nun an fahre ich auf der N-642, welche ich heute auch nicht mehr verlassen werde. Die Anstiege werden zur Qual. Öfters muss ich anhalten und etwas trinken. Als das Trinken auch nichts mehr nützt, halte ich an und mache es mir neben der Nationalstraße auf einer Wiese gemütlich. Während ich so dasitze und überlege, wie weit ich heute wohl noch kommen werde, werde ich ab und zu angehupt. Die Fahrer wollen wohl, dass ich weiterfahre. Ich kann aber jetzt nicht!

Die folgenden, eigentlich leichten Anstiege, quäle ich mich aufwärts. Wer dieses liest sollte bitte nicht denken, dass die Strecke so anspruchsvoll ist. Ich tue mich nur heute verdammt schwer. Auch jetzt werde ich ständig angehupt. Eine Frau alleine mit dem Fahrrad und viel Gepäck auf einer spanischen Nationalstraße kommt wahrscheinlich nicht jeden Tag vor. Etwa 20 km vor Ortigueira schiebe ich ein Stück aufwärts. Die Kräfte haben mich nun total verlassen. Was ist heute bloß los? Das Schieben genieße ich. Ist mir doch egal, was die Leute denken... Ich sehe ein Café. Mache ich Pause? Eigentlich habe ich keine Zeit. Aber wenn ich jetzt kilometerweit schieben muss, habe ich auch nichts gewonnen. Gedacht, getan. Kurze Zeit später sitze ich vor dem Imbiss und höre mich ein Bocadillo Francés und einen O-Saft bestellen.

Nach 1 km Weiterfahrt, die mich leicht aufwärts bringt, geht es endlich hinab. Und das 8 km! Super! Die Pause hätte ich mir wohl sparen können. Anschließend geht es noch 10 km auf und ab. Etwa 3 km vor Ortigueira sehe ich ein Hostal. Ich überlege, ob ich nach dem Preis fragen werde. Jedoch entscheide ich mich dagegen. Ich möchte doch mein eines Ziel für heute erreichen. Das ist die Nordküste Spaniens. Die 3 km vergehen wie im Flug. Schon befinde ich mich auf der Durchgangsstraße in Ortigueira. Ich finde auch sofort ein Hostal. Das Einzelzimmer soll 25 Euro kosten. Ich frage nach einem weiteren Hostal im Ort und werde etwa 500 m weitergeschickt. Bei diesem stellt sich heraus, dass die kommende Nacht alle Zimmer belegt sind. Das Hostal sieht auch sehr edel aus. Ich kann mir vorstellen, dass eine Übernachtung in diesem meinen finanziellen Rahmen sprengen würde. Ich fahre zurück und nehme das Zimmer für 25 Euro. Das Bad ist gleich um die Ecke. Nach einer ausgiebigen warmen! Dusche schreibe ich noch Tagebuch und falle etwa 21 Uhr ins Bett. Hoffentlich steht morgen eine Flachetappe an!